CORONA-BLOG

Tag 6

Erwache um sechs Uhr. Ich huste und habe sogleich eine Anwallung von Panik: Huste ich trocken oder nicht? Ich möchte es nochmals hören, huste aber nicht mehr und schlafe wieder ein. Was für ein Geschenk, dieser Schlaf. Zehn Uhr. Die Zeitungen stapeln sich, ich lese News nur punktuell, nur online. Freue mich über das Buch, das der Velokurier von der Buchhandlung in Stäfa hochpedalt hat und das nun überpünktlich im Milchkasten liegt. “Im Grunde gut” von Rutger Bregman. Das Interview mit ihm gelesen in der “Republik”. Er sagt, der Mensch sei gar nicht so schlecht, wie er zu sein meint. Wie aufmunternd! Apropos “Republik”: Der Newsletter war heute erstmals mit “Ladies and Gentleman and everyone anywhere in between” tituliert, oder so ähnlich. Freute mich still. Und fragte mich: Freut sich jemand mit mir? Ansonsten strenger Tag trotz aller Dizisplin (Fitness und so): Die Decke droht mir auf den Kopf zu fallen. Da ich in einem Flarzhaus wohne, kann die Decke gar nicht so tief fallen, denke ich. Und freue mich still. Bis ich die Stille nicht mehr aushalte und auch die Last der niedrigen Decke nicht, die zu fallen droht. Also rausgehen, um dick eingemummt mit Militärmantel und XL-Schal wenigstens für Augenblicke die Freude und die Fragen und das schwer Auszuhaltende mit einem Freund da draussen zu teilen.

Tag 5

Samstag. Freunde treffen, kochen? Nix da. Die einzige Aussenaktivität: Päckli auf die Post bringen für die Lieben, Blumen an einem Selbstbedienungsstand kaufen, Zigi im Kiosk. Wieder zu Hause: Fitness auf dem Mätteli. Dann die andern “Turnübungen”: Fenster putzen, inklusive Rahmen. Weiss nicht, wann ich das zum letzen Mal gemacht habe, so ausgiebig pützeln und fegen bis zum Gehtnichtmehr. Irgendwann hat auch die Putzerei ein Ende. Pause machen mit einem Apéröli, nach draussen schauen, den wenigen Menschen beim Spazieren, Velo fahren und Joggen zusehen. Ein Gedanke heute: “Meh Dräck” war mir immer wichtiger als übertrieben hygienisches Getue. Und jetzt haut der Virus genau da rein und ruft nach noch mehr Hygiene. Schräg. Der Angelpunkt des Abends, die “Tagesschau”, macht müde. Weiterstricken an den Corönchen dagegen ist spassig. Und also waren es schon drei. Und übermorgen sind es sechs, und überübermorgen zwölf, und überüberübermorgen vierundzwanzig.
Bonne nuit, mes amis!

Corönchen von Bettina.

Tag 4

Man gewöhnt sich an alles, heisst es und hab ich selbst erfahren. Aber noch bin ich Lichtjahre davon entfernt. Es ist wie Schweben in einem virtuellen Hyperraum, bei dem man sich fragt: Wo werde ich ankommen? Und wie sehr werde ich, werden wir, wird unser Raumschiff ramponiert sein? Alles wie in Trance: Zettel fassen, um einzukaufen , mitbekommen, wie viel Solidarität da ist, mitklatschen punkt halb eins, zur Kenntnis nehmen, was noch alles schief läuft. Uri prescht vor – das Tor zu Italien, ha! Und wir schweben hinterher. Ein Trip, besser kann’s keine Droge. Unwirklich. Aber knallharte Realität. Ich hätte gern Blumen gekauft heute, aber es gibt keine mehr.

Tag 3

Immer noch Homeoffice, Homeoffice, Homeoffice. Sich an die neuen Prozesse gewöhnen. Endlich papierlos (geht ja ;-). Gleichzeitig knallblauer Himmel, Wärme, sich ankündigender Frühling, Sommer gar. Unbändige Lust rauszugehen. Bloss: wohin? Gegen Abend ein Besuch, der jetzt noch geht: im Garten von P. Vielleicht ist morgen schon Ausgangssperre. U. ruft an: Kommst du zum Znacht? Ich: Nein. Ich komme nirgendwo mehr hin derzeit. Ein Telefon mit dem Lieblingssohn: Ich hab jetzt schon die Schnauze voll von allem. Aber auch: Denken wir an all die, die noch beschissener dran sind. Menschen ohne Zuhause, Menschen ohne Essen, Menschen ohne Einkaufmöglichkeiten. Menschen ohne Versicherungen und ohne Zusicherungen vom Staat. Menschen ohne Hoffnung. Die App mit dem Trainingsprogramm runtergeladen. Frau muss sich ja bewegen und etwas tun für ihre älter werdenden Gelenke… TV-News: hach! GNTM : Autsch. Aber immerhin ablenkende Unterhaltung. Jetzt dann grad: lesen. Takis Würger (“Der Club”). Grossartig! Hey you, outside from this virtual wall, can I touch you?

Tag 2

Homeoffice, Homeoffice, Homeoffice. Das Positive daran: Plötzlich funktioniert, was jahrelang unmöglich schien – und es funktioniert perfekt (danke IT!). Schon um 7 Uhr am Arbeiten. “Sitzungen” per Mail, Abläufe, die “gewöhnlich” nur mit Ausdrucken funktionierten: Sie klappen nun auch elektronisch. Hoffentlich hält das Netz… Aufpassen, nicht zu verschluddern. Homedress: ab, Dusche und Kleider: an. Kurz einkaufen, es fühlt sich verboten an. Später ein Spaziergang fühlt sich ebenso an. Eigentümlich. Der Sohn und die Schwiegertochter in spe wieder aus Madeira zurück, einer der letzten Flüge: uff! Ein Telefon, zwei, drei. Dann wieder Stille. Und doch ist da: ein Lied im Ohr…

Neue Zeit: Tag 1

Hallo, ihr alle da draussen! Physisch treiben wir zwar an Ort, aber lasst uns im Geist reisen, die Welt durchkreuzen, uns austauschen, uns zum Lachen bringen. Mein Tag 1 im Homeoffice: Wie kriege ich den verflixten Geschäfts-Laptop an den Monitor angeschlossen? Unter den Dutzenden Kabeln, die seit Jahren in einer Kiste lagern: kein einziges mit USB-USB-Verbindung. Also Monitor-Eingänge studieren, den Migros aufsuchen und eines kaufen, das vielleicht passen könnte. Ich darf berichten: Ja, ich kanns, ich habs geschafft 😉 Herzlich, Giulia

Willkommen auf unserem Corona-Blog!

Die Treibhölzer sind wie Millionen andere Menschen auf der Welt vorübergehend gestrandet. Auf diesem Blog berichten sie, wie es ihnen während dieser von der Covid-19-Pandemie bestimmten Ausnahmezeit ergeht, was sie tun oder eben nicht, und geben amüsante und denkwürdige Episoden aus ihrem Alltag zum Besten, den sie nun täglich neu erfinden und arrangieren müssen – wie Sie alle auch.
Wir bloggen wider die Einsamkeit, um selbst klar zu kommen, um den Kontakt zu halten – und auch, um Sie ein wenig zu unterhalten und zu erheitern. Drum freuen wir uns auch sehr auf etwelche Kommentare!
Wir verneigen uns: Truppe Treibholz.

PS
Tag 1 in diesem Blog ist offiziell eigentlich Tag 2 des nationalen Lockdowns, der um Mitternacht per Montag, 16. März, in Kraft trat.
Die Neuordnung unseres Lebens begann am Dienstag, 17. März,
deswegen ist dies unser Tag 1.