CORONA-BLOG

Tag 86 (Countdown 24)

Das Verdikt zur Lasagne mit Hackfleischersatz auf Erbsenbasis: Die Gäste fanden sie grossartig, ich bin mässig zufrieden. Mir hat der Geschmack von richtigem Hackfleisch im Sugo gefehlt. Und ich liebe den Variantenreichtum der vegetarischen Küche. Drum werde ich fortan darauf verzichten, lustlos Scheinhack zu verarbeiten und anschliessend lustlos auf gummigem Fleischersatz rumzukauen. Bis mir vielleicht eines Tages jemand eine Menü mit Planted Chicken oder Planted Cow serviert, das mich umhaut.

Tag 85 (Countdown 25)

Verkehrte Wetterwelt: Im April blitzt verheissungsvoll der Sommer auf, im Mai bläst die fiese Bise, und im Juni regnet es. Ab ins Kino werden sich viele sagen – und den Spaziergängen, Grillabenden und Vogelbeobachtungen im Freien keine Träne nachweinen, bestand doch ihr ganzer Lockdown aus nichts anderem als aus endlosen Begehungen des nahes Geländes, intrafamiliären Gartenpartys und bizarren Grillensichtungen. Die Humplerin bleibt derweil, da andere ins Kino gehen, zu Hause und köchelt erstmals einen Sugo mit veganem Hack. Ob sie das Resultat gut findet? Sie ist mit sich uneins, hat aber am nächsten Tag zum Versuchskaninchen-Mahl geladen. Sie wird morgen spontan entscheiden, ob sie aus dem Sugo mit Hackfleischersatz einen Hauptgang oder eine Minivorspeisenlasagne produzieren soll. Denn Frau Humplerin mag es ganz und gar nicht, wenn ihre Gäste nicht gut verkostet werden, auch wenns Versuchskaninchen sind.

Tag 84 (Countdown 26)

Im Auto per Zufall reingezappt, zu Hause die Sendung in voller Länge angehört. Saugut, finde ich: “Verschwörungstheorien erklären, was sich vielleicht noch gar nicht erklären lässt. Sie ordnen das Chaos und fügen sich zu erstaunlich zusammenhängenden Weltbildern. «Kontext» porträtiert Verschwörungsaktivisten und eine Aussteigerin und fragt nach Dynamik der alternativ konstruierten Theorien.” Voilà der Podcast auf SRF 2:
“Überall dunkle Mächte – von Verschwörungstheorien”

Tag 81 (Countdown 29)

Dank eines Blinden sehen lernen: Das Buch “Das wiedergefundene Licht” von Jacques Lusseyran ist eine faszinierende Reise durch den Kosmos ausschliesslich innerer Wahrnehmung. Keine Sekunde hat man das Gefühl, Lusseyran sehe weniger als wir “Sehenden”, im Gegenteil. Er vermag dank seiner inneren Klarheit, seiner Kraft und Zuversicht auch den Menschen um ihn herum Halt zu geben. Als 17-jähriger Student wurde Jacques Lusseyran 1941 in Paris Mitglied der Résistance und gründete später seine eigene Widerstandsgruppe – bis er und seine Volontaires de la liberté verraten und von der Gestapo verhaftet wurden. Nach einem halben Jahr Gefängnis in Paris wurde er mit 2000 anderen Franzosen ins KZ Buchenwald deportiert. Die meisten seiner Landsgenossen starben im Lager, Jacques Lusseyran überlebte und wurde mit den wenigen KZ-Überlebenden durch die Amerikaner am 11. April 1945 befreit. Ein berührender Lebensbericht.

Tag 80 (Countdwond 30)

Die Welle der Empörung über die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd in den USA breitet sich immer weiter über den Erdball aus. Und Trump trampelt munter von einem Fettnapf in den nächsten. Er droht, die landesweiten Proteste mit Militärgewalt niederzuknüppeln, meint, damit Härte zu beweisen, verliert aber in Wahrheit Wählerstimmen und Rückhalt. Er missbraucht die St-John’s-Kirche in Washington für ein peinliches “Rechtfertigungsbild” mit der Bibel (von der “Zeit” als “Kriegserklärung” gedeutet) – und wird von der US-Bischöfin Mariann Edgar Budde heftig dafür kritisiert. Und nun behauptet er plötzlich, nur zur Inspektion im Bunker des Weissen Hauses gewesen zu sein, als wütende Demonstranten vor dem Regierungssitz lauthals ihren Unmut kundtaten – nicht um sich in Sicherheit zu bringen. So legt der wahrscheinlich charakterloseste US-Präsident aller Zeiten höchstselbst Schicht um Schicht seiner haltlosen präsidialen Haltung frei. Darunter ist wahrscheinlich: nichts. Vermutlich nicht mal ein Rassist. Belustigend und durchaus bitterböse ist die Karikatur, die Trump zu Hitlers Schnäuzchen degradiert. Der belgische Karikaturist Luc Descheemaeker, Künstlername O-sekoer, hatte sie schon 2016 gezeichnet, jetzt ist sie wieder in Umlauf. (Quelle: “Tages-Anzeiger”) 

“Rassismus ist das grösste Virus”: Karikatur von Luc Descheemaeker.

Tag 79 (Countdown 31)

Er hat nicht gerade wohlwollende Kritiken bekommen, der Film “Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft” über den legendären amerika-nischen Verleger Max Perkins. Aber das will ja nichts heissen, was unseren Geschmack angeht, gell. Max Perkins betreute Autoren wie Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald und förderte Thomas Wolfe. Colin Firth als Perkins, Jude Law als Wolfe, Nicole Kidman als dessen Freundin: Sehenswert ist das Werk, das von der Beziehung des Verlegers zu Thomas Wolfe erzählt, nur schon wegen der auserlesenen Besetzung. Aber natürlich auch wegen der Kongenialität – ein Verleger, der unermüdlich das Beste aus seinem Autor herausholt und ein Meister des Verdichtens (und Kürzens!) ist – und wegen des Werts der Freundschaft. Auf Letzteren sollte der Film wohl auch hinauslaufen, liess der Regisseur Schriftsteller Fitzgerald doch zu Thomas Wolfe sagen: “Du bist das Genie des Schreibens, doch Max ist das Genie der Freundschaft.” Ich finde: Es ist gelungen. Der Wert der Freundschaft hat mich zutiefst berührt.

Tag 78 (Countdown 32)

Die Liste der “Positiven Auswirkungen der Krise” gehört wieder mal erweitert. Und zwar mit einem Gärtchen, das in diesen Wochen erst in B.s Kopf zu gedeihen begann und dann in Wirklichkeit. Will heissen: Erst hiess es, in der Rabatte Ordnung schaffen: Gerümpel entsorgen, alte Gewächse entfernen, umstechen, das ganze Trara. Und also sind die sterbenden Koniferen Geschichte. Stattdessen wachsen nun im Boden des Nachbarhauses Gemüse aller Arten heran. Voilà:

Der Boden ist bereitet: Gemüsegärtli statt Koniferen im Nachbarsgarten.

Zur Perfektion reifte über die Wochen auch die Paella der Freunde U. und S. Mira!

Wie aus dem Lehrbuch der spanischen Küche: Paella von U. und S.