CORONA-BLOG

Tag 26

Wiederum meilenweit auf noch unbegangenen Wegen in nahen Wäldern gewandelt, P. im Garten besucht, die Sicht auf See, Glarner und Inner-schweizer Alpen aufgesogen. Die Sonne sowieso, den Sprudel auch. Über den gescheiterten Versuch, die “Gartenparty”per Videochat nach Zürich zu erweitern, erst geschmunzelt, dann laut gelacht. Nach Hause spaziert durch laue Lüfte. Später wiederum mich selbst bekocht (Wienerschnitzel und Camargue-Reis) – saufein -, wiederum bisschen TV geglotzt (langweilig), und wiederum mit der Restwolle am Strampler gestrickt (wie der wohl rauskommt? Ein Sürprisli). Das Gefühl, in eine Endlosschlaufe geraten zu sein: rauf runter, um die Kurve, runter, rauf, über die Kreuzung (Rechts-vortritt?) undsoweiter- und bei Belieben in 3-D mit Innen- und Aussen-bahnen variierbar. Die begehbaren Variationen unbedingt im Auge behalten und gegebenenfalls zumindest im Geist in Angriff nehmen, so schreib ich mir hinter die Ohren, denn dieser 26. Corona-Abend wird noch lange nicht der letzte sein. Umso mehr freue ich mich auf das seit dem Lockdown wiederkehrende abendliche Highlight: die Lektüre von Bregmans “Im Grunde gut”. Grosses Kino.

Tag 25: Corona-Kreation №4

Die Kreation unserer Regisseurin Nicole Knuth und unseres Beleuchters/
Musikanten Luki Meyer ist seit dem Lockdown am Laufen. Höchste Zeit, sie endlich zu präsentieren. Wir freuen uns wahnsinnig aufs Resultat!

Luki und Nici will proudly present
(Wir sind noch nicht fertig damit):
„Lenore – Eine schaurige Ballade für schauerliche Zeiten”
Idee und Konzept: Nici und Luki
Spiel: Nici und Luki
Musik: Luki und… ja, ja ist ja gut. 
Bühnenbild: Luki und Nici, eigentlich eher Luki
Requisiten: Nici… ja auch Luki, aber schon mehr Nici
Kamera: Luki und Nici (danke an Nici fürs tolle iPhone)
1. Kamera-Assistenz: Luki oder Nici
2. Kamera- Assistenz: Nici oder Luki
Ton: (Sehr schwierig) Luki und Nici
Schnitt: Luki
Catering: Luki und Nici
Wir werden lautstark verkünden, wenn „Lenore“ fertiggestellt ist.

PS
Geprobt wird zu zweit. Immer mit zwei Meter Abstand natürlich.

Tag 24

Tag 21: gestrichen. Tag 22: gestrichen. Tag 23: gestrichen.
Die Corona-Verkürzungsmassnahmen haben gegriffen. Die Küche erstrahlt in neuem Glanz, und ich sehe alt aus (aber glücklich). Es gibt wohl kein noch so kleiner Muskel, der sich derzeit nicht bemerkbar machen würde, das Gerippe ächzt, und selbst die Hände sind empfindlich ohne Ende. Und jetzt? Was tun mit der restlichen “Ferien”-Zeit. Mal schauen… 😉
Apropos Foodwaste (siehe Tag 19): Heute eine ganze Gurke im Auflösungsstadium der Ewigkeit anheim gegeben.
Vorgestern Nacht war ja Supermond. Ihr wisst schon: jener rare Moment, da die eliptische Laufbahn des Trabanten so “nah” an der Erde vorbeiführt, dass der Vollmond grösser am Nachthimmel erscheint als gewöhnlich. Ich habe das angekündigte Phänomen zur Kenntnis genommen und schlicht wieder vergessen. War ja um vier Uhr morgens, und ich war im Handwerkermodus, also hundsmüde. Aber wer erwacht um vier Uhr, fragt sich: Wieso das denn? Versucht verzweifelt, wieder einzuschlafen, bis die Erinnerung reinrieselt: ah ja, der Supermond? Natürlich ich. Also rausgehen, die Position des Mondes ausmachen, die silberne Kugel anhimmeln für eine Weile und von ihr beschienen werden. An Schlaf war fortan nicht mehr zu denken, also lesen und warten, bis die Welt erwacht und ich wieder ungestört den Pinsel schwingen kann. Bisherige Umfragen im umständehalber nächsten Umfeld haben ergeben: Kaum jemand ist sonst auch noch wegen des Silberriesen erwacht. Falls schon, bitte melden. Ich bin übrigens absolut miserabel im fotografischen Festhalten etwelcher Ereignisse, drum hier ein Bild des Supermondes eines unbekannten Fotografen über dem Säntis.

Wenn die Nacht zum Tag wird: Supermond über dem Säntis.
Supermond über dem Kreis 5 in Zürich: Bild von Christoph Kellenberger.

Tag 21

21 Tage, 3 Wochen, 504 Stunden oder 30’2040 Minuten sind in diesem ausserordentlichen coronalen Zustand schon ins Land gezogen. Alle haben wir unseren Lebensradius aufs Nötigste beschränkt. Und sind nun also seit 504 Stunden daran, uns in der Regel im häuslichen Rahmen zu beschäf-tigen. 9 der 504 Stunden, 540 Minuten also, habe ich heute damit zuge-bracht zu streichen*. Ich meine natürlich: zu malen. Die Küche. Das ist wie Dauerlauf, wenn man mal beginnt. Alles rausräumen, die Vorhänge in die Waschmaschine, alles, was irgendwo hervolugt wie Gardinenaufhängungen oder Elektrodöschen: abmontieren. Dann Gipsdecke abwaschen mit diesem grausligen Giftzeugs (ohne Maske, aber mit Seidentuch um Mund und Nase). Dann das mühselige Abdecken (muss sein ohne Profi-Malerhänd-chen), endlich erste Wand streichen, sehen: Oh! Ein Anstrich genügt wohl nicht. Also Vollgas einmal durch (muss ja noch mal drüber). Und dann halb drei doch schon fertig mit Doppelanstrich. Also noch die Fenster malen (haha, nicht die Fenster, sondern die Rahmen). Wieder abkleben. Vor-anstrich, Seidenglanz, traritrara. Aber pünktlich zum Züri-Girls-Videochat um 17 Uhr: parat. Vita parcours par excellence.
* Nicht uninteressant, mal 9 Stunden oder 540 Minuten einfach zu streichen: I’m not there. Mach ich morgen vielleicht. Merkt niemand, übrigens. 😀

Tag 19

Let’s talk about food. Was esst ihr denn immer so, ihr alle da draussen? Ich liebe es zu kochen, tat das allerdings vor Corona so gut wie nie für mich allein, umso lieber für Gäste, die dann jeweils herhalten musste, wenn ich etwas Neues ausprobierte. Umso spannender war es für mich, wie ich nun in der virusbedingten Solo-Situation verfahren würde. Nicht mehr Resten vom letzten Gastmahl essen die ganze Woche über, sondern für mich selber etwas zubereiten, das auch über mehrere Tage hinhält. Ich darf berichten: Es funktioniert. Ganz anders als bisher, aber es funktioniert. Nehmen wir etwa grünes Saisongemüse wie Mönchsbart (ich liebe barba di frate, wie er italienisch heisst), grünen Spargel oder Kefen. Kaufe ich eines der Gemüse, verarbeite ich es sofort: blanchieren, mit kaltem Wasser abschrecken, um den Garprozess zu stoppen und die grüne Farbe zu erhalten. Und je nachdem, worauf mich abends gelüstet, kombiniere ich einen Teil der kühlgestellten Grünlinge. Heute zum Beispiel einige Stücke der Spargeln mit Risotto. Und weil da ein paar Tomätchen vor sich hinschrumpelten, schob ich sie zuvor mit gepresstem Knoblauch, grobem Salz, Cayennepfeffer und Rohrzucker 20 Minuten in die Heissluftwärme. Die schrumpligen Roten haben den Spargelrisotto optisch und mit ihrer süssen Schärfe geschmacklich so etwas von aufgepeppt, dass ich das Rezept in den Kanon aufnehme. Anmeldung zum Gastmahl nächsten Frühling: ab sofort möglich!

PS: Die Tatsache, dass ich seit Beginn des Lockdowns noch nie Esswaren fortgeschmissen habe, was zuvor leider schon hin und wieder der Fall war, verbuche ich definitiv als Pluspunkt im noch ungeschriebenen Kapitel “Positive Auswirkungen der Krise”.

Tag 18

Der letzte Tag Homeoffice vor den “Ferien”. Ein feierliches Begängnis, könnte man sagen. Ich freu mich sehr. Im Mikrogärtchen endlich mal makrojäten. Dann die Küche streichen. Blanc de blanc. Blanc de blanc kommt erst an die Wände und nach vollbrachter Tat in die Kehle. Es war beiderseits spassig, mit dem Malereibedarfshändler zu telefonieren vor zwei Tagen, um das Material zu bestellen. Er sagte ohne Unterlass: “Und wenn was fehlt, einfach anrufen!” Was ich heute, bevor ich die Ware holen ging, prompt auch tat. Denn etwas hatte ich tatsächlich komplett vergessen. Um die vergipsten Decken (die ich nicht übermalen möchte) mit dem ätzenden Salmiak sauber zu kriegen, bräuchte ich nämlich Arbeiter-schutzmasken. Also angerufen, gefragt, und dem Herrn Malereibedarfs-händler beim herzlichen Lachen mit Vergnügen zugehört. Denn natürlich sagte er: “Haben wir schon lange nicht mehr.” War ja klar, aber es war lustig, das Spiel duchzuspielen. Normalerweise hiesse es ja: “Wollen Sie die Masken im 10er- oder 20er-Pack?” Und auch mit dem Getränkehändler – apropos blanc de blanc – ist es stets spassig zu parlieren. Heute beim Grappaeinkauf – ja, der Getränkeladen ist noch offen, er gehört im Gegensatz zu Blumenläden zur Grundversorgung – kroch da tatsächlich der neben mir einzige Kunde im Laden ewig vor dem einzigen Grappagestell herum. Kein Witz: Er kroch! Jedenfalls begann mein Getränkehändler zu erzählen, welchen Grappa er mir als absolutes Greenhorn (ich mag keinen Grappa; ich kaufte diesen für Freund P.) empfehlen würde, und als der einzige Kunde neben mir immer noch vor dem einzigen Grapparegal rumkroch, griff sich mein Getränkehändler eine Flasche billigen Fusels und haute diese dem Grappakriecher über den Kopf. Das hingegen, meine Lieben, war ein Witz. Lacht ihr mit mir? Im Ernst: Mein Getränkehändler schaffte es irgendwie, sich unter Wahrung der Zwei-Meter-Regel an dem vor dem Grapparegal herumkriechenden Kunden vorbeizuschlängeln (eine artistische Grosstat!), um mir THE bottle Grappa zu bringen. Keine Frage, dass ich sie ungesehen kaufte für 49 Stutz. Wie lange der einzige Kunde neben mir noch vor dem Regal herumkroch, ist derzeit leider unbekannt. Aber ich werde recherchieren und euch à jour halten.

Tag 17

Knocked out, locked down. Arbeiten, schlafen, bumm.
Dazwischen noch ein paar Missverständnisse klären, zusammen heulen am Telefon. Wir kommen grad in corpore an Grenzen. Drum war da grad nicht mehr viel Text. Aber erzählt, was ihr erlebt! Wie geht es euch allen da draussen?