Hats jemand gemerkt? Gestern war Tag 11 seit der Lockerung, Lockerung zu Lockdown stehen nun im Verhältnis 55 zu 11, also 5 zu 1. Aus Spass “5 zu 1” gegoogelt. Und was kommt heraus? Die Formel fürs Beziehungsglück!
Ihr Inhalt ist simpel: Notieren die Partner die Vor- und Nachteile ihres Gegenübers, sollten fünfmal mehr positive Gefühle, Gedanken, Handlungen resultieren als negative. Sachen gibts. “Fünf zu eins” heisst übrigens auch eine Folge der “Bonanza”-Reihe (iaah!) und “Five to one” ein Song der Doors. Kann man sowieso wieder mal anhören, die Doors…
Category: Blog
Tag 66 (Countdown 44)
Ein weiterer Tag im neu erwachten Sozialleben. Besuch bei F&F, beim Lieblingssohn und der Lieblingsschwiegertochter, wiederum in Zürich, wiederum auf einer grossen Terrasse. Im neunten Monat ist F. nun schon. Ich habe ihren prallen Bauch befühlt und Füsschen und Knie ertasten können. Das Kindchen ist nun schon in Startposition, will heissen, es liegt mit dem Kopf nach unten. Ob es wohl ahnt, weshalb es sich gedreht hat und was bald kommen wird? Licht, Lärm, Gerüche, Stimmen, raue Luft statt wärmende Muttersuppe…
Viel geredet, viel Sirup und Federweissen getrunken, Pizza gegessen, Eile mit Weile gespielt und dann wieder an den Bahnhof gehumpelt. Ja, ich bin mal wieder versehrt. Weil ich morgens zu viel aufs Mal vom Keller in die Küche tragen wollte, ist mir eine Flasche Weisswein aus der Hand gerutscht, hat auf dem Weg zu Boden den rechten Fuss erwischt, eine Prellung hinterlassen und ein veritables Loch in die Fessel gehauen. Nachbarin B. hat als versierte MPA die Wunde fachkundig verarztet, und ich habe mich in Gedanken für meine Dummheit geohrfeigt. Ausgerechnet jetzt, da ich täglich Stunden zu Fuss unterwegs bin, passiert mir so was.
Apropos Zürich: Wie voll nur schon die Josefwiese war und wie unbekümmert sich die Leute bewegten, hat mich erstaunt, um nicht zu sagen irritiert. Als ob es den Lockdown nie gegeben hätte und der Virus für alle Zeiten gebannt wäre. Da lob ich mir das Landleben, ich Landei.
Tag 65 (Countdown 45)
Schon zehn Tage im Countdown seit LoLo (Lockdown-Lockerungen), und die Fallzahlen steigen noch immer nicht dramatisch. Drum war ich heute erstmals im “Ausgang” seit dem 17. März: in der Stadt. Bei C. mit S. auf der Riesenterrasse. Meine Güte, war ich aufgeregt. Dabei war ich so was von antizyklisch unterwegs: im Zug kein Mensch. In den Strassen dann vom HB zum Kreis 5 viele Menschen. Aber umgehbar. Schampus, schnorren, schmausen – herrlich wars.
Tag 64 (Countdown 46)
Der Wärmepumpenmensch war heute bei mir und hat mir erklärt, wie das funktioniert mit einer möglichen Heizung ohne Zufuhr eines Co2-ausstossenden externen Treibstoffs. Technisch bin ich nicht wirklich versiert, aber es geht dabei – wenn ichs richtig verstanden habe – ums umgekehrte Prinzip wie beim Kühlen. Man nützt das Komprimieren externer Luft, um Wärme zu erzeugen, die dann gut hundert Quadrameter zu heizen und ein Häuschen wie meines auch noch mit Warmwasser zu versorgen vermag. Ich bin bass erstaunt und frage mich, wieso es die Auflage nicht gibt, alle Neubauten mit diesem oder einem ähnlichen System zu versehen. Denn natürlich ist ein Konzept, das keine externen Energiequellen – Bodenschätze – braucht, die Zukunft. Bloss: Wann wird die Zukunft sein? Manchmal habe ich das Gefühl, ich frage mich das schon ein Leben lang.
Ansonsten gabs feinen Znacht bei B. mit P. Immer wieder ein Vergnügen. Und die anhaltende Nervosität, morgen “in die Stadt” zu gehen, um C. und S. zu treffen. Sie (die Nervosität) ist ein bisschen vergleichbar mit dem ersten Date. Dass ich so etwas noch erleben darf 🙂
Tag 63 (Countdown 47)
Sie sind schon heute zu bemitleiden, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jenes Labors oder jenes Instituts, das als erstes einen wirksamen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt. Denn vermutlich müssen sie zusehen, wie ihr Erzeugnis, das sie innert kürzester Zeit zum Wohl aller Menschen entwickelten, in die Hände macht- und geldgieriger Leute gerät. Erstere erhoffen sich geopolitische Vorteile, zweitere machen den grossen Reibach. Zum Kotzen, dieses Gerangel. Zum Kotzen, wenn sich Heilung nur leisten kann, wer genügend Devisen auf den Tisch blättert. Das Vorgehen erinnert unangenehm daran, wie viele Jahre es gedauert hat, bis Afrika endlich Zugang zu wirksamen Aidsmedikamenten bekam. Beziehungsweise von Roche (2017!) die Erlaubnis erhielt, Generika herzustellen, die zuvor auf dem Kontinent schlicht unerschwinglich waren. Und manchmal, ja, da hege ich Zweifel , ob der Mensche tatsächlich im Grunde gut ist.
Auf der anderen Seite stimmt mich auch heute Abend zuversichtlich, wie viele Menschen teilen, was sie haben. Nur schon ihr Wissen auf Wikipedia, wo ich soeben nachlesen konnte, wie Aids verlief (und noch verläuft) und wie Erkrankte dank Kombinationstherapie den Virus zwar nicht loswerden, aber doch ein normales Leben führen können.
Tag 62 (Countdown 48)
Exakt zwei Monate seit unserem Tag eins. Heute ist der Geburtstag von M., die 2008 an Krebs starb, dieser vermaledeiten Krankheit, der noch immer zu viele und häufig zu junge Menschen erliegen. 62 wäre M. heute geworden. Darüber denke ich nach, als ich einmal mehr durch die Welt spaziere, heute mit dem Ziel, BB in der Mitte unserer Wohnorte zu treffen. Plaudern auf der grünen Wiese über all das, was grad beschäftigt. Auch über Tode, das Sterben und übers Älterwerden. Was gibts für uns in unserer Lebenszeit noch zu tun? Was würden wir gern tun? Zurückspazieren inklusive Glacestop beim Landi: Mokka mit Krokant. Grossartig. Und a casa einmal mehr nicht geschafft, was eigentlich erledigt werden sollte: ein Auguri-Video (mit Gesang!) aufnehmen. Dafür die Nachbarn zum Kurzapéro eingeladen: Ingwersirup mit Prosecco-Sprutz. Grossartig.
Tag 61 (Countdown 49)
Gabs die 1918 eigentlich auch, die Verleugner der Spanischen Grippe, oder starben sie weg, nachdem sie ihren Widerstand gegen die Maskenpflicht laut skandierend mit “Legt den Maulkorb weg!” auf die Strasse brachten? Mir ist schleierhaft, wieso ein medizinisches Problem wie eine Pandemie als als Irrtum abgetan werden kann. Noch schleierhafter ist mir, dass Zweifler und Besserwisser erst jetzt auf die Strasse gehen, da die Ansteckungsrate – dank entsprechender Vorsichtsmassnahmen – eingedämmt ist. Hätten sie sich nicht vor einem Monat ins Spiel bringen müssen, statt in Sicherheit zu Hause zu hocken und idiotische Verschwörungsfilme zu schauen? Anders gesagt: Schlimmer als das grassierende Virus ist tatsächlich die grassierende “Überstupidität”, wie das Satiremagazin “Nebelspalter” den derzeitigen Peak der Dummheit – und fatalen – Schulterschluss von extremen Linken, Rechten und Verschwörungsgläubigen bezeichnet.
Tag 60 (Countdown 50)
Nach der Kalten Sophie (übrigens benannt nach der christlichen Märtyrerin Sofia von Rom), die heute den letzten Tag der Eisheiligen markierte, gehts wieder aufwärts mit den Temperaturen – und hoffentlich auf mit dem allgemeinen Wohlbefinden. Diese Woche hat mir aufs Gemüt geschlagen, sei es wegen der Kälte, sei es wegen der “Öffnung”, an der ich irgendwie noch gar nicht partizipieren konnte. Und zum zweiten Mal kommt sie nun schon zu Besuch dieser Tage, die Krise. Die Krise ist eine charmante Dame. Sie hört dir erst verständnisvoll zu und schafft es dann auf raffinierten Wegen, dir die Sinne zu vernebeln, schlimmer noch: die Gedanken zu verdüstern, sodass diese plötzlich flüstern: “Das hast du nun davon, allein zu leben.” Oder: “Du meinst, du hast Freunde, und warum rufen die nicht an? ” Undsoweiter undsofort – und obwohl natürlich jemand angerufen hat. Und weil die Gedanken bauen, worin ich lebe, und weil das weder eine dunkle Kammer der Vorwürfe, noch ein Verlies des Selbstmitleids sein darf, muss ich sie jeweils höflich wieder hinausspedieren, la crise. Was gar nicht so einfach ist, weil Madame ihren Besuch ja auch auskosten will – und soll. Wie hätte ich sie sonst kennenlernen können?
Bevor nun also auch noch Empörung (die) oder Frust (der) zum Kaffeeklatsch oder Apéro anklopfen, habe ich heute feierlich beschlossen, das soziale Leben langsam wieder etwas anzukurbeln – und statt mit Worten, die Gestalt annehmen, mit wirklichen Menschen da draussen zu reden und mich von ihnen berühren zu lassen. Wir sehen uns!
Tag 59 (Countdown 51)
Heute habe ich leider keinen Text für euch, dafür ein Bild zur aktuellen Lage. Viel Spass und schönen Abend!
Apropos “Titanic”: Dass Satiremagazin “Der Postillon” schreibt, Multimilliardär Bill Gates habe die Veröffentlichung der neuen
Covid-Version angekündigt. Der Brüller! Lesen!
PS: Gesehen im 19-Uhr-Newsletter der “Republik”.
Tag 58 (Countdown 52)
Heute ist Servatius am Werk. Einer der Eisheiligen. Ich wundere mich Jahr für Jahr, dass kühle Tage im Mai nach langer Wärmeperiode zuvor tatsächlich möglich sind. Vor drei Jahren fielen die Temperaturen über Tage gar unter den Gefrierpunkt, sodass die Weinbauern vom Zürichsee (und vieler anderer Anbauregionen) trotz nächtlicher Einsätze mit Wärme-kerzen und anderen Aktionen bis zu 80 Prozent der Ernte verloren. Für die kalten Mai-Abschnitte gibts klimatische Erklärungen. Doch die lassen wir beiseite. Denn mich interessiert, welche Namen die Eisheiligen tragen und warum. Zum Beispiel Servatius. Wikipedia und andere Sites reden von einem gewissen Servatius von Tongern (*vermutlich in Armenien,
† 13. Mai 1384 in Maastricht). Er verdankt seine Verehrung offenbar seiner Vorhersehung des Hunneneinfalls in Europa im Jahr 450. Dafür wurde er (posthum) als heilig gepriesen und vermutlich, so Wikipedia, während einer mittelalterlichen Kälteperiode als einer der Eisheiligen installiert. Doch warum wurde er dazu ausersehen, seinen Kopf für einen der kalten Mai-Tage hinzuhalten? Rätsel über Rätsel, die jemand da draussen vielleicht ganz einfach lösen kann. Bitte melden! Jedenfalls wird Servatius im Volksglauben offenbar angerufen bei Fussleiden, Frostschäden (ha!), Rheumatismus und Rattenplagen. A) Wieso? B) In welchem Volksglauben? Rätsel über Rätsel, die jemand da draussen vielleicht ganz einfach lösen kann. Bitte melden!